Internationaler Tag der Migranten

Arbeitsmigranten während der COVID-19-Krise

Internationaler Tag der Migranten

Arbeitsmigranten während der COVID-19-Krise

Zum Internationalen Tag der Migranten am 18. Dezember möchten wir die Aufmerksamkeit darauf richten, wie stark die COVID-19-Pandemie Arbeitsmigranten zugesetzt hat. Ein neuer Bericht der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zeigt, welche Anstrengungen die Regierungen und die Institutionen der sozialen Sicherheit weltweit unternommen haben, um in der Reaktion der sozialen Sicherheit auf die Krise auch Arbeitsmigranten zu berücksichtigen.

Die IVSS hat die Antworten der sozialen Sicherheit auf die Pandemie zu einer ihren zentralen Prioritäten gemacht und arbeitet eng mit den Institutionen der sozialen Sicherheit zusammen, um nationale und institutionelle Ansätze und gute Praxis zusammenzutragen und ihren Austausch zu ermöglichen. Arbeitsmigranten sind eine besonders anfällige Beschäftigtengruppe. Einerseits können das Wohnen und Arbeiten in einem anderen Land als dem Herkunftsland den Zugang zu sozialer Sicherheit erschweren. Andererseits sind Arbeitsmigranten in informellen und prekären Beschäftigungs­verhältnissen zahlenmäßig übervertreten. Wird eine Gesellschaft und Volkswirtschaft durch eine Krise wie die COVID-19-Pandemie getroffen, dann sind sie mit die Ersten, die darunter zu leiden haben.

Bis Mitte 2020 waren infolge der Krise laut IAO ungefähr 500 Millionen vollzeitäquivalente Arbeitsplätze verloren gegangen, und rund 2,2 Milliarden Arbeitnehmer oder 70 Prozent der globalen Arbeitsbevölkerung waren von Lockdown-Maßnahmen betroffen. Da die 164 Millionen Arbeitsmigranten weltweit ungefähr 4,7 Prozent der globalen Arbeitsbevölkerung ausmachen, kann nach vorsichtigen Schätzungen davon ausgegangen werden, dass über 111 Millionen Arbeitsmigranten von den Maßnahmen berührt wurden.

Der Themenschwerpunkt-Bericht Social protection for migrant workers: A necessary response to the Covid-19 crisis (Sozialschutz für Arbeitsmigranten: Eine notwendige Antwort auf die COVID-19-Krise), der im Juni 2020 von der IVSS und der IAO veröffentlicht wurde, beleuchtet die Herausforderungen für Arbeitsmigranten und die Maßnahmen, mit denen die Regierungen und die Institutionen der sozialen Sicherheit auf ihre Situation reagiert haben. Dabei werden auch einzelne Länderbeispiele beschrieben. Der Bericht betont, wie stark sich Arbeitsplatzverluste auf die Deckung durch soziale Sicherheit niedergeschlagen haben, und verweist auf die Bedeutung eines Sozialschutzes für alle. Nach der Analyse der kurzfristigen Reaktionen in den Bereichen Gesundheit, finanzielle Unterstützung und Arbeitsschutz wird im Bericht dargelegt, wie die Sozialschutzdeckung von Arbeitsmigranten in einer längerfristigen Perspektive verbessert werden kann.

Arbeitsplatzverluste und Sozialschutz

In vielen Jobs an vorderster Front sind Migranten übervertreten, vor allem im Gesundheitswesen, im Reinigungsdienst und in der Landwirtschaft. Hier sind sie dem Virus besonders stark ausgesetzt. Außerdem ist die Anfälligkeit von Migranten durch Unternehmensschließungen und Bewegungs­einschränkungen sowie ungenügenden oder fehlenden Zugang zu Sozialschutz nicht kleiner geworden.

Die Krise wirkt sich in unterschiedlicher Weise auf Migranten aus, je nach ihrem Migrations- und Beschäftigungsstatus. Angesichts von Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen, Arbeitsunterbrüchen und sich verschlechternden Arbeitsbedingungen haben reguläre Migranten in formeller Beschäftigung meist Zugang zu allen oder zu bestimmten Sozialschutzleistungen, während andere nur eine geringe oder gar keine Unterstützung erhalten. Vor allem in einer Situation wie der COVID-19-Pandemie kann der fehlende Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen nicht nur für Migranten und ihre Familien gefährlich sein, sondern aufgrund des Risikos einer weiteren Verbreitung des Virus auch für die ganze Gesellschaft.

Sicherstellung einer sozialen Grundsicherung für alle

Die IVSS und die IAO setzen sich im Einklang mit international verankerten Zielen wie den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen für einen Sozialschutz für alle ein. Die Regierungen und die Institutionen der sozialen Sicherheit haben, unterstützt von internationalen, regionalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, schnell reagiert, um die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise einzudämmen. In vielen dieser Reaktionen war auch ein Sozialschutz für Arbeitsmigranten enthalten. Alle Migranten benötigen unabhängig von der Art ihrer Migration und von ihrem rechtlichen Status Zugang zu irgendeiner Form des Sozialschutzes. Um einen solchen bereitzustellen, ist eine Zusammenarbeit der Herkunfts-, Transit- und Zielländer erforderlich.

Für eine bessere Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit der verschiedenen Länder sind bilaterale und multilaterale Vereinbarungen von entscheidender Bedeutung, um Arbeitsmigranten einen Zugang zu Sozialschutzleistungen anbieten zu können. Im Spezialfall von Grenzgängern – Arbeitnehmer, die in einem Staat wohnen und in einem anderen arbeiten – haben einige Regierungen der Europäischen Union angesichts der obligatorischen Telearbeit in vielen Ländern vereinbart, zur Verhinderung von Änderungen für den Status der sozialen Sicherheit von Grenzgängern Sonderregelungen einzuführen.

Die COVID-19-Krise hat gezeigt, welch entscheidende Rolle der Sozialschutz bei der Bewältigung größerer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Krisen spielt und wie wichtig es ist, eine soziale Grundsicherung für alle einzuführen, auch für Arbeitsmigranten. Eine erhöhte Aufmerksamkeit verdienen neben der unmittelbaren Krisenreaktion auch die Ratifizierung und Umsetzung der entsprechenden internationalen Normen wie der Übereinkommen und Empfehlungen der IAO im Bereich des Sozialschutzes sowie die Aushandlung bilateraler, regionaler und multilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit. Außerdem sollten in den einzelnen Ländern entsprechende Strategien, sozialpolitische Maßnahmen, Rechtsinstrumente und Verwaltungssysteme entwickelt werden. Als internationale Fachreferenz für die Entwicklung und Umsetzung von Systemen der sozialen Sicherheit zugunsten von Arbeitsmigranten sei an dieser Stelle auf die Leitlinien der IVSS über administrative Lösungen für die Deckungsausweitung verwiesen.