Prioritäten für die soziale Sicherheit Global 2022

Trends, Herausforderungen und Lösungen

Prioritäten für die soziale Sicherheit Global 2022

Trends, Herausforderungen und Lösungen

Antworten auf die COVID19-Pandemie im Bereich der sozialen Sicherheit 

Einführung

COVID-19 und die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben die Unerlässlichkeit eines angemessenen, umfassenden Sozialschutzes im öffentlichen Leben einer jeden Nation unterstrichen. 

Zunächst hat die Pandemie einen beispiellosen epidemiologischen Schock mit einer unüberwindbaren Nachfrage nach Gesundheitsversorgungsdienstleistungen aufgrund hoher Krankheitsraten sowie der Infektionsschwere hervorgerufen. Dies hat zu einer überproportionalen Zunahme von Todesfällen und Einweisungen sowie zum entsprechenden Bedarf nach erhöhten Gesundheitsausgaben und Krankengeldauszahlungen in den Ländern geführt. Zweitens haben die Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung des Virus – insbesondere Reiseverbote, Arbeitsniederlegungen und weitreichende Quarantänen – einen Rückgang der weltweiten Wirtschaftstätigkeit und massive Arbeitsplatzverluste hervorgerufen. Dies hat wiederum zu rückläufigen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen – anders ausgedrückt: zum Schrumpfen der staatlichen Einnahmen zur Finanzierung sozialer Geld- und Sachleistungen – geführt. Gleichzeitig waren diese Maßnahmen Auslöser von höheren Arbeitslosenzahlen, einer Zunahme von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie eines Ausgabenanstiegs für Sozialleistungen vor dem Hintergrund rückläufiger öffentlicher Einnahmen für Sozialschutz.
Traditionell erfüllen soziale Geldleistungen die Rolle als Einkommensquelle bzw. -ersatz zur Abwendung von Bedürfnissen, Entbehrungen und sozioökonomischer Gefährdung. Zusätzlich zu dieser traditionellen Rolle waren die Sozialmaßnahmen maßgeblich auf den Schutz von Arbeitsplätzen sowie von zunehmendem sozioökonomischem Prekariat gefährdeten Menschen und Familien aufgrund der Rezession und massiver Arbeitsplatzverluste durch die Pandemie ausgerichtet. Dazu mussten die Systeme der sozialen Sicherheit neue Notprogramme umsetzen, die Deckung ausweiten und bestehende Deckungen anpassen, etwa über Systeme der Teilarbeitslosigkeit oder die Einstufung von COVID-19 als Berufskrankheit in einigen Ländern. Generell haben die Systeme der sozialen Sicherheit die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie auf Menschen und Gesellschaften abgefedert und den finanziellen Schock aufgrund der wirtschaftlichen Rezession aufgesogen, während andere Maßnahmen auf den Aufbau der Resilienz und die Förderung der sozioökomischen Erholung abzielten. Die Fakten deuten darauf hin, dass die Länder mit angemessenen Investitionen in soziomedizinische und Gesundheitseinrichtungen, gekoppelt mit vollständig entwickelten, umfassenden Sozialschutzsystemen, relativ glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Dies ist ein Nachweis für die Bedeutung der sozialen Sicherheit im Leben einer jeden Nation.

Fakten und Trends

Entwicklung der Arbeitswelt aufgrund der COVID-19-Pandemie

Schaubild 1. Änderung der Arbeitsstunden weltweit 2020-2022, %

Quelle: ILOSTAT (2022)
  • Im Jahr 2020 gingen aufgrund der COVID-19-Pandemie 8,8 Prozent der weltweiten Arbeitsstunden gegenüber dem vierten Quartal 2019 verloren, was 255 Millionen Vollzeitstellen Der Arbeitsstundenverlust war 2020 ungefähr viermal größer als bei der weltweiten Finanzkrise 2009. (IAO, 2021a)
  • Das Geschlechtergefälle nach Arbeitsstunden ist nach wie vor groß, obwohl seit der Pandemie einige Fortschritte zu dessen Reduzierung erfolgt sind, insbesondere in Ländern mit hohem Aktuell beträgt die Beschäftigung für Frauen weltweit 18,9 Wochenstunden, was 57 Prozent des Arbeitsstundendurchschnitts bei Männern (33,4 Stunden) entspricht. (IAO, 2022a)
  • Nach einem kurzen Anstieg Ende 2021 und Anfang 2022 befindet sich der Abbau von Arbeitsplätzen aktuell in einem Abwärtstrend: 70 Prozent der Arbeitnehmer sind mit einem lediglich empfohlenen oder gar keinem Abbau (IAO, 2022a)

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie

Schaubild 2. Sozialhilfe, Sozialversicherung und Arbeitsmarktmaßnahmen nach Region

Quelle: Weltbank (2022)
  • Die Sozialhilfe ist nach wie vor die häufigste Form der Unterstützung in allen Regionen und Ländereinkommensgruppen (61 Prozent). 
  • Selbst in Umfeldern mit hohem Einkommen macht die Sozialhilfe die Hälfte der umgesetzten Maßnahmen aus. Der Höhepunkt der Sozialhilfe wurde in Südasien und in Ländern mit niedrigem Einkommen erzielt, wo sie 78 Prozent des Sozialschutz-Portfolios ausmacht. 
  • Bezüglich der Unterkategorien der Sozialhilfe sind Geldtransferprogramme die häufigsten Sozialhilfemaßnahmen, die fast 25 Prozent aller Sozialschutzmaßnahmen und 41 Prozent der gesamten Sozialhilfe ausmachen. 

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie - 2

Schaubild 3. Ausweitung von Sozialschutz- und Arbeitsprogrammen

Quelle: Weltbank (2022)
  • Stand Januar 2022 wurden insgesamt 3 856 Sozialschutz- und Arbeitsmaßnahmen von 223 Ländern und Gebieten geplant oder umgesetzt. 
  • Als Reaktion auf die Pandemie führten im Jahr 2020 95 Länder Arbeitslosenschutzmaßnahmen und 110 weitere Länder Arbeitsplatz- oder Einkommensschutzmaßnahmen ein. (IAO, 2021b) 
  • Schaubild 3 zeigt einen erhöhten Zugriff auf Programmausweitungen über den Großteil des Beobachtungszeitraums. Viele Länder haben bestehenden Rentnern Zusatzleistungen wie Zusatzzahlungen, Einmalzahlungen, erhöhte Indexierung oder höhere Mindestrenten bereitgestellt. 

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie - 3

Schaubild 4. Ausgaben für Sozialschutz und Arbeit nach Region, 2020-2021, %

Quelle: Weltbank (2022)
  • Die Ausgaben für Sozialschutz stiegen aufgrund der Pandemie um fast 270 Prozent: Zwischen Dezember 2020 und Mai 2021 erhöhten sich die Gesamtausgaben für Sozialschutz um fast 270 Prozent auf 2,9 Billionen US-Dollar. (UN News, 2022)
  • Generell haben die Länder durchschnittlich 2 Prozent des BIP für Sozialschutzmaßnahmen gegen COVID-19 aufgewendet, von 1,3 Prozent in Ländern mit niedrigem Einkommen bis 2,5 Prozent in Ländern mit hohem Einkommen.
  • Bezüglich der Ausgaben ist eine regionale Heterogenität bemerkbar. Während die Ausgaben in Europa 5,2 Prozent des BIP erreichten, wendete Afrika durchschnittlich nur 1,2 Prozent des BIP für Sozialschutz- und Arbeitsmaßnahmen gegen COVID
Während der COVID-19-Pandemie haben Programme und Institutionen der sozialen Sicherheit ihre unverzichtbare Rolle bei der Begrenzung von negativen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen von Krisen und zur Stärkung der Resilienz gezeigt.

Kernaussagen

Global

  • COVID-19 und die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben die Bedeutung eines angemessenen, umfassenden Sozialschutzes im öffentlichen Leben einer jeden Nation unterstrichen. 

 

  • Die Pandemie hat den Druck auf die Gesundheitssysteme verschärft und einen erheblichen Schaden für die Beschäftigungslage angerichtet. Dies hat zu einer beispiellosen Nachfrage nach Gesundheits- und Krankenhausversorgung gemeinsam mit einem erhöhten Bedarf nach besserem Zugang zum Sozialschutz für Alle hervorgerufen. 

 

  • Die sozialpolitische Antwort auf die Pandemie hat der Botschaft über die Erschwinglichkeit der sozialen Grundversorgung mit besserem Zugang zu Geld- und Sachleistungen über eine angemessene Mischung von Programmen und einer Kombination aus beitragspflichtiger und -freier Finanzierung sowohl in entwickelten als auch in Entwicklungsländern Nachdruck verliehen. 

 

  • Die Länder mit vollständig entwickelten Sozialschutzsystemen und angemessenem, ausreichendem Deckungsumfang haben sich als resilienter gegen die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie erwiesen. 

 

  • Der zunehmende Bedarf nach Geld- und Sachleistungen sowie die Anforderungen zum Arbeitsschutz haben die Umsetzung von Homeoffice- Maßnahmen und neue Kanäle zur Leistungserbringung durch die Verwaltung der sozialen Sicherheit durch zunehmende Automatisierung, Dematerialisierung und Digitalisierung des Kerngeschäfts und von Betriebsprozessen gefördert. 

 

  • Die weitreichende Anwendung digitaler und elektronischer Lösungen durch Institutionen der sozialen Sicherheit als Reaktion auf die Pandemie bringt neue Risikoformen hervor, insbesondere Cyberkriminalität mit einer höheren Anfälligkeit für Fehler, Steuerhinterziehung und Betrug. 

 

  • Die Kapazität der Institutionen der sozialen Sicherheit war ein wesentlicher Faktor bei der Sicherstellung des Fortbestands der Sozialleistungen sowie der Annahme und Umsetzung neuer Maßnahmen, insbesondere im Rahmen nationaler Antworten. 

Regional

  • Mehrere Regierungen in Amerika haben die Deckung auf bestehende Programme ausgeweitet und Maßnahmen für den Schutz gefährdeter Gruppen umgesetzt. 

 

  • Die neuen Entwicklungen in Asien und im Pazifik haben sich auf Politiken zur Arbeitsplatzerhaltung und zum Arbeitslosenschutz konzentriert. 

 

  • Verschiedene afrikanische Länder haben innovative Ansätze für die Finanzierung sozialer Maßnahmen gegen COVID-19 angewendet.

 

  • In Europa haben die EU-Mitgliedstaaten zahlreiche Formen grenzüberschreitender sozialer Solidarität im medizinischen Bereich sowie bei grenzüberschreitenden Regelungen umgesetzt. 

Referenzen

Blumenthal, D. et al. 2020. “Covid-19 — Implications for the Health Care Systemin The New England Journal of MedicineBd. 383, Nr. 15.

Gentilini, U. et. al. 2022. Social protection and jobs responses to COVID-19: a real-time review of country measures (Living paper). Washington DC, Weltbank.

IAA. 2021a. “Social protection at the crossroads: The COVID-19 response and the road to recovery”, in World social protection report, 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IAA. 2021b. “Shaping the future of social protection”, in World social protection report, 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IAA. 2021c. World Social Protection Report , 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IVSS; IAA. 2022. Leitlinien über versicherungsmathematische Arbeit für die soziale Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IAA; IVSS. 2020. Social protection for migrant workers: A necessary response to the Covid-19 crisis (Social Protection Spotlight). Genf, Internationales Arbeitsamt.

IVSS. 2019a. Leitlinien der IVSS über Good Governance (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2019b. Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2020. Kann COVID-19 als Berufskrankheit angesehen werden? (Analyseartikel). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2021a. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die Coronapandemie – Afrika“, Auszug aus Priorities for social security – Africa 2021: Trends, challenges and solutions. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2021b.“Social security responses to the COVID-19 pandemic” , Auszug aus Priorities for social security – Americas 2021: Trends, challenges and solutions. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022a. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die Coronapandemie in Asien und im Pazifik“, Auszug aus Priorities for social security – Asia and the Pacific 2022: Trends, challenges and solutionsGenf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022b. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie“, in Europa: Prioritäten für die soziale Sicherheit – Trends, Herausforderungen und LösungenGenf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022c. News-Monitor zum Coronavirus. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022d. Leitlinien der IVSS über administrative Lösungen für die Deckungsausweitung (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022e. Leitlinien der IVSS über Kommunikation von Verwaltungen der sozialen Sicherheit (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022f. Leitlinien der IVSS über Geschäftskontinuität und Resilienz von Dienstleistungen und Systemen der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022g. Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (überarbeitete und erweiterte Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022h. Leitlinien der IVSS zur Förderung einer nachhaltigen Beschäftigung (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Antworten auf die COVID19-Pandemie im Bereich der sozialen Sicherheit 

Einführung

COVID-19 und die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben die Unerlässlichkeit eines angemessenen, umfassenden Sozialschutzes im öffentlichen Leben einer jeden Nation unterstrichen. 

Zunächst hat die Pandemie einen beispiellosen epidemiologischen Schock mit einer unüberwindbaren Nachfrage nach Gesundheitsversorgungsdienstleistungen aufgrund hoher Krankheitsraten sowie der Infektionsschwere hervorgerufen. Dies hat zu einer überproportionalen Zunahme von Todesfällen und Einweisungen sowie zum entsprechenden Bedarf nach erhöhten Gesundheitsausgaben und Krankengeldauszahlungen in den Ländern geführt. Zweitens haben die Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung des Virus – insbesondere Reiseverbote, Arbeitsniederlegungen und weitreichende Quarantänen – einen Rückgang der weltweiten Wirtschaftstätigkeit und massive Arbeitsplatzverluste hervorgerufen. Dies hat wiederum zu rückläufigen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen – anders ausgedrückt: zum Schrumpfen der staatlichen Einnahmen zur Finanzierung sozialer Geld- und Sachleistungen – geführt. Gleichzeitig waren diese Maßnahmen Auslöser von höheren Arbeitslosenzahlen, einer Zunahme von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie eines Ausgabenanstiegs für Sozialleistungen vor dem Hintergrund rückläufiger öffentlicher Einnahmen für Sozialschutz.
Traditionell erfüllen soziale Geldleistungen die Rolle als Einkommensquelle bzw. -ersatz zur Abwendung von Bedürfnissen, Entbehrungen und sozioökonomischer Gefährdung. Zusätzlich zu dieser traditionellen Rolle waren die Sozialmaßnahmen maßgeblich auf den Schutz von Arbeitsplätzen sowie von zunehmendem sozioökonomischem Prekariat gefährdeten Menschen und Familien aufgrund der Rezession und massiver Arbeitsplatzverluste durch die Pandemie ausgerichtet. Dazu mussten die Systeme der sozialen Sicherheit neue Notprogramme umsetzen, die Deckung ausweiten und bestehende Deckungen anpassen, etwa über Systeme der Teilarbeitslosigkeit oder die Einstufung von COVID-19 als Berufskrankheit in einigen Ländern. Generell haben die Systeme der sozialen Sicherheit die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie auf Menschen und Gesellschaften abgefedert und den finanziellen Schock aufgrund der wirtschaftlichen Rezession aufgesogen, während andere Maßnahmen auf den Aufbau der Resilienz und die Förderung der sozioökomischen Erholung abzielten. Die Fakten deuten darauf hin, dass die Länder mit angemessenen Investitionen in soziomedizinische und Gesundheitseinrichtungen, gekoppelt mit vollständig entwickelten, umfassenden Sozialschutzsystemen, relativ glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Dies ist ein Nachweis für die Bedeutung der sozialen Sicherheit im Leben einer jeden Nation.
Während der COVID-19-Pandemie haben Programme und Institutionen der sozialen Sicherheit ihre unverzichtbare Rolle bei der Begrenzung von negativen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen von Krisen und zur Stärkung der Resilienz gezeigt.

Fakten und Trends

Entwicklung der Arbeitswelt aufgrund der COVID-19-Pandemie

Schaubild 1. Änderung der Arbeitsstunden weltweit 2020-2022, %

Quelle: ILOSTAT (2022)
  • Im Jahr 2020 gingen aufgrund der COVID-19-Pandemie 8,8 Prozent der weltweiten Arbeitsstunden gegenüber dem vierten Quartal 2019 verloren, was 255 Millionen Vollzeitstellen Der Arbeitsstundenverlust war 2020 ungefähr viermal größer als bei der weltweiten Finanzkrise 2009. (IAO, 2021a)
  • Das Geschlechtergefälle nach Arbeitsstunden ist nach wie vor groß, obwohl seit der Pandemie einige Fortschritte zu dessen Reduzierung erfolgt sind, insbesondere in Ländern mit hohem Aktuell beträgt die Beschäftigung für Frauen weltweit 18,9 Wochenstunden, was 57 Prozent des Arbeitsstundendurchschnitts bei Männern (33,4 Stunden) entspricht. (IAO, 2022a)
  • Nach einem kurzen Anstieg Ende 2021 und Anfang 2022 befindet sich der Abbau von Arbeitsplätzen aktuell in einem Abwärtstrend: 70 Prozent der Arbeitnehmer sind mit einem lediglich empfohlenen oder gar keinem Abbau (IAO, 2022a)

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie

Schaubild 2. Sozialhilfe, Sozialversicherung und Arbeitsmarktmaßnahmen nach Region

Quelle: Weltbank (2022)
  • Die Sozialhilfe ist nach wie vor die häufigste Form der Unterstützung in allen Regionen und Ländereinkommensgruppen (61 Prozent). 
  • Selbst in Umfeldern mit hohem Einkommen macht die Sozialhilfe die Hälfte der umgesetzten Maßnahmen aus. Der Höhepunkt der Sozialhilfe wurde in Südasien und in Ländern mit niedrigem Einkommen erzielt, wo sie 78 Prozent des Sozialschutz-Portfolios ausmacht. 
  • Bezüglich der Unterkategorien der Sozialhilfe sind Geldtransferprogramme die häufigsten Sozialhilfemaßnahmen, die fast 25 Prozent aller Sozialschutzmaßnahmen und 41 Prozent der gesamten Sozialhilfe ausmachen. 

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie - 2

Schaubild 3. Ausweitung von Sozialschutz- und Arbeitsprogrammen

Quelle: Weltbank (2022)
  • Stand Januar 2022 wurden insgesamt 3 856 Sozialschutz- und Arbeitsmaßnahmen von 223 Ländern und Gebieten geplant oder umgesetzt. 
  • Als Reaktion auf die Pandemie führten im Jahr 2020 95 Länder Arbeitslosenschutzmaßnahmen und 110 weitere Länder Arbeitsplatz- oder Einkommensschutzmaßnahmen ein. (IAO, 2021b) 
  • Schaubild 3 zeigt einen erhöhten Zugriff auf Programmausweitungen über den Großteil des Beobachtungszeitraums. Viele Länder haben bestehenden Rentnern Zusatzleistungen wie Zusatzzahlungen, Einmalzahlungen, erhöhte Indexierung oder höhere Mindestrenten bereitgestellt. 

Reaktionen der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie - 3

Schaubild 4. Ausgaben für Sozialschutz und Arbeit nach Region, 2020-2021, %

Quelle: Weltbank (2022)
  • Die Ausgaben für Sozialschutz stiegen aufgrund der Pandemie um fast 270 Prozent: Zwischen Dezember 2020 und Mai 2021 erhöhten sich die Gesamtausgaben für Sozialschutz um fast 270 Prozent auf 2,9 Billionen US-Dollar. (UN News, 2022)
  • Generell haben die Länder durchschnittlich 2 Prozent des BIP für Sozialschutzmaßnahmen gegen COVID-19 aufgewendet, von 1,3 Prozent in Ländern mit niedrigem Einkommen bis 2,5 Prozent in Ländern mit hohem Einkommen.
  • Bezüglich der Ausgaben ist eine regionale Heterogenität bemerkbar. Während die Ausgaben in Europa 5,2 Prozent des BIP erreichten, wendete Afrika durchschnittlich nur 1,2 Prozent des BIP für Sozialschutz- und Arbeitsmaßnahmen gegen COVID

Wichtigste Entwicklungen

Kernaussagen

Global

  • COVID-19 und die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben die Bedeutung eines angemessenen, umfassenden Sozialschutzes im öffentlichen Leben einer jeden Nation unterstrichen. 

 

  • Die Pandemie hat den Druck auf die Gesundheitssysteme verschärft und einen erheblichen Schaden für die Beschäftigungslage angerichtet. Dies hat zu einer beispiellosen Nachfrage nach Gesundheits- und Krankenhausversorgung gemeinsam mit einem erhöhten Bedarf nach besserem Zugang zum Sozialschutz für Alle hervorgerufen. 

 

  • Die sozialpolitische Antwort auf die Pandemie hat der Botschaft über die Erschwinglichkeit der sozialen Grundversorgung mit besserem Zugang zu Geld- und Sachleistungen über eine angemessene Mischung von Programmen und einer Kombination aus beitragspflichtiger und -freier Finanzierung sowohl in entwickelten als auch in Entwicklungsländern Nachdruck verliehen. 

 

  • Die Länder mit vollständig entwickelten Sozialschutzsystemen und angemessenem, ausreichendem Deckungsumfang haben sich als resilienter gegen die negativen sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie erwiesen. 

 

  • Der zunehmende Bedarf nach Geld- und Sachleistungen sowie die Anforderungen zum Arbeitsschutz haben die Umsetzung von Homeoffice- Maßnahmen und neue Kanäle zur Leistungserbringung durch die Verwaltung der sozialen Sicherheit durch zunehmende Automatisierung, Dematerialisierung und Digitalisierung des Kerngeschäfts und von Betriebsprozessen gefördert. 

 

  • Die weitreichende Anwendung digitaler und elektronischer Lösungen durch Institutionen der sozialen Sicherheit als Reaktion auf die Pandemie bringt neue Risikoformen hervor, insbesondere Cyberkriminalität mit einer höheren Anfälligkeit für Fehler, Steuerhinterziehung und Betrug. 

 

  • Die Kapazität der Institutionen der sozialen Sicherheit war ein wesentlicher Faktor bei der Sicherstellung des Fortbestands der Sozialleistungen sowie der Annahme und Umsetzung neuer Maßnahmen, insbesondere im Rahmen nationaler Antworten. 

Regional

  • Mehrere Regierungen in Amerika haben die Deckung auf bestehende Programme ausgeweitet und Maßnahmen für den Schutz gefährdeter Gruppen umgesetzt. 

 

  • Die neuen Entwicklungen in Asien und im Pazifik haben sich auf Politiken zur Arbeitsplatzerhaltung und zum Arbeitslosenschutz konzentriert. 

 

  • Verschiedene afrikanische Länder haben innovative Ansätze für die Finanzierung sozialer Maßnahmen gegen COVID-19 angewendet.

 

  • In Europa haben die EU-Mitgliedstaaten zahlreiche Formen grenzüberschreitender sozialer Solidarität im medizinischen Bereich sowie bei grenzüberschreitenden Regelungen umgesetzt. 

Read more about COVID‑19-Pandemie for specific regions

Referenzen

Blumenthal, D. et al. 2020. “Covid-19 — Implications for the Health Care Systemin The New England Journal of MedicineBd. 383, Nr. 15.

Gentilini, U. et. al. 2022. Social protection and jobs responses to COVID-19: a real-time review of country measures (Living paper). Washington DC, Weltbank.

IAA. 2021a. “Social protection at the crossroads: The COVID-19 response and the road to recovery”, in World social protection report, 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IAA. 2021b. “Shaping the future of social protection”, in World social protection report, 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IAA. 2021c. World Social Protection Report , 2020–2022: Social protection at the crossroads – in pursuit of a better future. Genf, Internationales Arbeitsamt.

IVSS; IAA. 2022. Leitlinien über versicherungsmathematische Arbeit für die soziale Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IAA; IVSS. 2020. Social protection for migrant workers: A necessary response to the Covid-19 crisis (Social Protection Spotlight). Genf, Internationales Arbeitsamt.

IVSS. 2019a. Leitlinien der IVSS über Good Governance (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2019b. Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2020. Kann COVID-19 als Berufskrankheit angesehen werden? (Analyseartikel). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2021a. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die Coronapandemie – Afrika“, Auszug aus Priorities for social security – Africa 2021: Trends, challenges and solutions. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2021b.“Social security responses to the COVID-19 pandemic” , Auszug aus Priorities for social security – Americas 2021: Trends, challenges and solutions. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022a. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die Coronapandemie in Asien und im Pazifik“, Auszug aus Priorities for social security – Asia and the Pacific 2022: Trends, challenges and solutionsGenf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022b. „Antworten der sozialen Sicherheit auf die COVID-19-Pandemie“, in Europa: Prioritäten für die soziale Sicherheit – Trends, Herausforderungen und LösungenGenf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022c. News-Monitor zum Coronavirus. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022d. Leitlinien der IVSS über administrative Lösungen für die Deckungsausweitung (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022e. Leitlinien der IVSS über Kommunikation von Verwaltungen der sozialen Sicherheit (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022f. Leitlinien der IVSS über Geschäftskontinuität und Resilienz von Dienstleistungen und Systemen der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022g. Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (überarbeitete und erweiterte Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022h. Leitlinien der IVSS zur Förderung einer nachhaltigen Beschäftigung (überarbeitete Fassung). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

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