Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderungen und ihr Zugang zu sozialer Sicherheit

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderungen und ihr Zugang zu sozialer Sicherheit

In der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1948 ist das Recht auf soziale Sicherheit als unveräußerliches Menschenrecht verankert. Am 3. Dezember begeht die internationale Gemeinschaft den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung. In diesem Zusammenhang sei das Ziel hervorgehoben, dass Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu Sozialschutz erhalten.

Es ist hinreichend bekannt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Behinderung einer Person und ihrem Armutsrisiko besteht. Menschen mit Behinderungen haben auch eher Schwierigkeiten, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu gut bezahlten Stellen zu erhalten. Physische Hindernisse und eine in der Zivilgesellschaft verbreitete Haltung führen ebenfalls dazu, dass Menschen mit Behinderungen öfter ausgegrenzt werden.

„Die Systeme der sozialen Sicherheit spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, indem sie ihnen nicht nur einen Zugang zu Leistungen und Dienstleistungen, sondern auch zu Beschäftigung verschaffen. Die Verwaltungen der sozialen Sicherheit müssen, wenn sie auf die Bedürfnisse dieser Menschen eingehen wollen, entsprechende Disability-Management-Kapazitäten und Programme zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit entwickeln“, erklärte Hans-Horst Konkolewsky, Generalsekretär der IVSS.

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Catalina Devandas Aguilar, schrieb 2017 in der International Social Security Review (Bd. 70, Nr. 4), die gängige Erfahrung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ausschlusses von Menschen mit Behinderungen werde dadurch verstärkt, dass die Mitglieder dieser sehr heterogenen Gruppe einen sehr ungleichen Zugang zu Sozialschutzsystemen hätten.

Eine Herausforderung, die bewältigt werden muss, liegt in der unangemessenen Gestaltung dieser Systeme, auch bezüglich der Förderung des Zugangs zu Arbeitsplätzen und der beruflichen Wiedereingliederung.

Das Gewicht der Institutionen

Das Erreichen eines gleichberechtigten Zugangs zum Menschenrecht auf soziale Sicherheit wird oft als Verfahrensangelegenheit abgetan: Es sei lediglich eine Frage des politischen Willens und der administrativen Kapazität und Kompetenz. In dieser Sichtweise hängt die Deckungsausweitung schlicht davon ab, ob Politik und Verwaltung über angemessene Ressourcen verfügen.
Herkömmliche Verwaltungen sind meist so aufgebaut, dass sie den Bedürfnissen aller gerecht werden sollen, indem sie allgemeine Verfahren umsetzen und Leistungen erbringen, die für den „typischen“ Fall bestimmt sind. Diese Verwaltungen – so glaubte man – funktionieren dann am besten, wenn sie Einheitslösungen anbieten.

Der Nachteil dabei ist, dass diese Prozesse keine Flexibilität gestatten und es nicht erlauben, Leistungen an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen anzupassen.
Diese Beobachtung ist besonders relevant, wenn es um Gleichberechtigung beim Zugang zu sozialer Sicherheit geht, insbesondere für Menschen mit Behinderungen.

Innovationen und maßgeschneiderte Ansätze

Die Verabschiedung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) im Jahr 2006 gilt als Wendepunkt in den internationalen Anstrengungen, den Sozialschutz inklusiver zu gestalten, und in Artikel 28 heißt es, für Menschen mit Behinderungen solle ein Zugang zu Sozialschutzprogrammen gesichert werden.

Vor allem auf nationaler Ebene und nicht zuletzt am Arbeitsplatz sind praktische und koordinierte Maßnahmen erforderlich, um Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. In Bezug auf den Arbeitsplatz zeigen die Leitlinien der IVSS zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit und der Bericht der IVSS zum Thema Berufliche Wiedereingliederung zahlt sich aus, dass Investitionen in Rehabilitationsmaßnahmen für die Beschäftigten, für die Systeme der sozialen Sicherheit und für die Gesellschaft als Ganzes vorteilhaft sind.

Es ist allgemein an der Zeit, die bisherige Struktur der Verwaltung und Erbringung der sozialen Sicherheit zu hinterfragen. Auf praktischer Ebene sind Innovationen erforderlich, damit aufeinander abgestimmte, messbare und fristgerechte Maßnahmen entwickelt werden können. Hier liefert die IVSS-Datenbank Gute Praxis in der sozialen Sicherheit für die Institutionen der sozialen Sicherheit eine wertvolle Unterstützung. Und auch die grundlegenden Ziele der Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität können wertvolle Hinweise liefern.

Dies widerspiegelt sich in zwei wichtigen Punkten der Ziele nachhaltiger Entwicklung 2030 der Vereinten Nationen. Bei der Suche nach geeigneten innovativen Maßnahmen liegt die unmittelbare Herausforderung nicht nur darin, eine universelle Deckung zu erzielen. Ebenso nötig ist ein gleichberechtigter Zugang zu einer Versicherungsdeckung, bei dem jede Person eine auf seine Bedürfnisse maßgeschneiderte Deckung erhält. Diese maßgeschneiderte Deckung sollte nicht nur einen Schutz, sondern auch eine Prävention umfassen, die im Einklang mit den in Artikel 26 der UNCRPD genannten Habilitations- und Rehabilitationsmaßnahmen ist.

Die Rolle der Institutionen

Es ist klar, was dies für die Institutionen der sozialen Sicherheit bedeutet. Einerseits muss ein universeller Zugang zu Sozialschutz heißen, dass Leistungsniveaus und Dienstleistungen angeboten werden, die dem Bedarf der Menschen einschließlich der behinderungsbezogenen Bedürfnisse und Ausgaben entsprechen, denn Menschen mit Behinderungen haben täglich Ausgaben zu bewältigen, die bei Menschen ohne Behinderungen nicht anfallen. Andererseits müssen die Dienstleistungen sowie die materiellen Infrastrukturen der Systeme der sozialen Sicherheit für alle Menschen zugänglich sein. Das anvisierte Ziel lautet, dass Menschen mit Behinderungen angemessen unterstützt werden, damit sie sich physisch, mental, sozial und beruflich entfalten und aktiv an der Gesellschaft teilnehmen können.

Ein gleichberechtigter Zugang mit dem Ziel einer universellen Deckung verlangt, dass umfangreiche Ressourcen mobilisiert werden, um wenig bekannte oder unbefriedigte Bedürfnisse zu decken und unnötige physische, finanzielle und soziale Hindernisse auszuräumen. So können die gestiegenen öffentlichen Erwartungen bezüglich des Leistungsangebots der sozialen Sicherheit wie im IVSS-Bericht 10 globale Herausforderungen für die soziale Sicherheit beschrieben besser befriedigt werden.

Städtebauliche, verkehrs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind Teil des nationalen Maßnahmenprogramms und müssen aufeinander abgestimmt sein. Dazu gehören auch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien, die eine verbesserte Verwaltung und Erbringung der Leistungen und Dienstleistungen auf kosteneffiziente Art ermöglichen. Eine gesellschaftliche Hürde, die überwunden werden muss, hat mit der negativen Haltung gegenüber Menschen mit Behinderungen und mit deren Stigmatisierung in der Gesellschaft zu tun.

Während die internationale Gemeinschaft den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung begeht, muss dringend dafür sensibilisiert werden, dass beim Ziel des gleichwertigen Zugangs zu sozialer Sicherheit, wenn die universelle Deckung als Menschenrecht erreicht werden soll, auch der individuelle Bedarf jedes einzelnen Menschen im Lebensverlauf berücksichtigt und erfüllt wird, und zwar auch derjenige von Menschen mit Behinderungen. Um dieses wichtige Ziel zu erreichen, hat die IVSS jüngst eine Zusammenarbeitsvereinbarung mit der globalen Netzwerkorganisation Rehabilitation International (RI) unterzeichnet.

Referenz

Devandas Aguilar, C. 2017. Social protection and persons with disabilities (Soziale Sicherheit und Menschen mit Behinderung), in International Social Security Review, Bd. 70, Nr. 4.