Koordination der sozialen Sicherheit für internationale Arbeitsmigranten

Koordination der sozialen Sicherheit für internationale Arbeitsmigranten

Am Internationalen Tag der Migranten am 18. Dezember wird aufgrund der zunehmenden internationalen Migrationsströme deutlich, wie wichtig bessere Daten und ein besserer Datenaustausch über Bevölkerungsbewegungen sind. Die IVSS leistet mit ihrer Arbeit in diesem Bereich einen Beitrag dazu, den Zugang von Arbeitsmigranten zu sozialer Sicherheit auszuweiten.

Wer sind internationale Arbeitsmigranten?

Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Zahl internationaler Migranten bei über 250 Millionen liegt und weiter zunimmt. Annähernd zwei Drittel davon sind Arbeitsmigranten, von denen wiederum knapp über die Hälfte männlich ist. Internationale Arbeitsmigranten sind Arbeitnehmer, die meist für kürzere oder längere Beschäftigungszeiten, oft aber auch dauerhaft ihr Aufenthaltsland wechseln. Alle Arbeitskräftebewegungen über Landesgrenzen hinweg haben Auswirkungen auf den Betrieb der Systeme der sozialen Sicherheit. Die größte Herausforderung besteht darin, diesen Arbeitsmigranten eine Deckung durch soziale Sicherheit anzubieten und sicherzustellen, dass sie ihren zukünftigen Sozialschutz erhöhen. Dafür ist vor allem eine Koordination der Verwaltungen der sozialen Sicherheit unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen nötig. Auf praktischer Ebene müssen spezifische Rechtsinstrumente entwickelt werden, an erster Stelle bilaterale Abkommen der sozialen Sicherheit. Multilaterale Abkommen der sozialen Sicherheit zwischen mehreren Ländern sind hingegen weniger verbreitet.

Bei diesen internationalen Rechtsinstrumenten sollten folgende Grundsätze berücksichtigt werden:

  • Gleichbehandlung aller Arbeitsmigranten;
  • Auszahlung der Leistungen der sozialen Sicherheit an Arbeitsmigranten ausschließlich durch das System der sozialen Sicherheit eines einzigen Landes;
  • Schutz und Übertragbarkeit der erworbenen Leistungsansprüche;
  • effektive und detaillierte Mechanismen für die Auszahlung und Finanzierung von Leistungen aus unterschiedlichen Quellen.

Informationsaustausch

Für einige Länder sind relativ viele Informationen über ihre bilateralen und multilateralen Abkommen der sozialen Sicherheit bekannt.

Oft stehen jedoch keine ausreichenden Informationen zur Verfügung. Der globale Informationsstand über die genaue Zahl und Art der bilateralen und multilateralen Abkommen der sozialen Sicherheit und die beteiligten Staaten ist deshalb weiterhin lückenhaft.

IVSS richtungsweisend

Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) führt derzeit bei ihren Mitgliedern aus der ganzen Welt – Institutionen der sozialen Sicherheit aus über 150 Ländern – eine Umfrage durch, um diese Informationslücken zu füllen. Aus den Antworten der Umfrage wird ermittelt, wo Arbeitsmigranten mit einer Deckung durch soziale Sicherheit rechnen können, wo Deckungslücken bestehen und wo eine Verbesserung des Zugangs zu Deckung möglich ist. Einige Länder stehen zudem vor der Herausforderung, Arbeitsmigranten, die im informellen Sektor beschäftigt sind, zu identifizieren. Die Daten werden als Grundlage für internationale Anstrengungen dienen, mit denen ein universeller Sozialschutz, die Ziele nachhaltiger Entwicklung 2030 der Vereinten Nationen und insbesondere Ziel 1.3 erreicht werden sollen.

Damit Abkommen auf bilateraler Ebene funktionieren, sind die beteiligten Länder auf einen wirksamen Datenaustausch angewiesen, was eine große Herausforderung darstellt. Eines der Hindernisse für einen effizienten Datenaustausch besteht darin, dass es für Institutionen der sozialen Sicherheit derzeit an Standards und wiederverwendbaren Lösungen fehlt. Die IVSS arbeitet deshalb an der Entwicklung eines allgemein verwendbaren Datenaustauschstandards und allgemeiner Unterstützungsinstrumente, die die Geschäftsabläufe bei der Umsetzung internationaler und anderer Abkommen erleichtern.

„Da immer mehr Menschen im Ausland arbeiten, ist es wichtig, dass die Systeme der sozialen Sicherheit ihre Zusammenarbeit intensivieren, um einen grenzüberschreitenden Schutz anzubieten“, erklärte IVSS-Generalsekretär Hans-Horst Konkolewsky. „Dank unserer bahnbrechenden Grundlagenarbeit werden wir wertvolles Wissen austauschen können, und wir entwickeln gegenwärtig praktische Instrumente, mit denen wirksame Lösungen für Arbeitsmigranten und die Gesellschaft als Ganzes gefunden werden können.“

Ausweitung der Deckung auf Arbeitsmigranten

In den Leitlinien der IVSS über administrative Lösungen für die Deckungsausweitung und im IVSS-Handbuch zur Ausweitung der Deckung der sozialen Sicherheit auf Arbeitsmigranten wird erläutert, warum nationale Systeme der sozialen Sicherheit ihre Deckung auf Arbeitsmigranten und deren Angehörige ausweiten sollten. So können nicht nur der Grundbedarf und die Bedürfnisse an sozialer Sicherheit der Migrationsbevölkerung gedeckt werden, sondern es bieten sich zudem bedeutende Vorteile für die Systeme der sozialen Sicherheit und die Gesellschaft als Ganzes:

  • Die Systeme der sozialen Sicherheit bieten grundlegende Leistungen und Dienstleistungen, um die häufig anfälligeren Teile der Arbeitsbevölkerung vor Risiken zu schützen. Die Ausweitung der Deckung auf Erwerbstätige mit Migrationshintergrund entspricht dem Menschenrecht auf soziale Sicherheit.
  • Die Ausweitung der Deckung der sozialen Sicherheit fördert den sozialen Zusammenhalt, stimuliert das Wirtschaftswachstum und stärkt den öffentlichen Rückhalt für die Systeme der sozialen Sicherheit.
  • Die Deckung von Arbeitsmigranten kann im Sinne der sozialen Gerechtigkeit auch von der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund als wichtig erachtet werden (etwa wenn nationale Arbeitnehmer nach Übersee entsandt werden).
  • Arbeitsmigranten können zur Verbesserung der demografischen Situation des Aufnahmelandes beitragen und sind häufig ihr ganzes Leben lang Nettobeitragszahler zum System der sozialen Sicherheit.
  • Der Deckungszugang von Arbeitsmigranten wirkt ergänzend zu den übrigen Anstrengungen, mit denen versucht wird, Beschäftigte der informellen Wirtschaft in formelle Beschäftigungsverhältnisse überzuführen, und er fördert und stärkt die Mobilität von Angestellten und stellt einen Schutz gegen die Ausbeutung von Arbeitsmigranten dar.

Unterschiede beim Zugang zu Sozialschutz

Arbeitsmigranten verfügen als heterogene Bevölkerungsgruppe über einen sehr uneinheitlichen Zugang zu übertragbaren Sozialversicherungsansprüchen. Einige Beschäftigte genießen einen Schutz im Rahmen eines bilateralen oder multilateralen Abkommens der sozialen Sicherheit zwischen ihrem Herkunftsland und dem Aufnahmeland. Andere haben Zugang zu Leistungen der sozialen Sicherheit ohne bilaterale Abkommen, während wieder andere keinen Zugang zu Altersrenten und anderen Langzeitleistungen, dafür aber zu nichtübertragbaren Kurzzeitleistungen wie einer Krankenversicherung haben. Aber es gibt auch Arbeitsmigranten, die nur einen sehr beschränkten oder gar keinen Zugang zu sozialer Sicherheit im Aufnahmeland haben.

Während die internationalen Migrationsströme weiter wachsen, sollte der Wissensaustausch über internationale Abkommen der sozialen Sicherheit dazu beitragen, dass Ungleichheiten beim Deckungszugang beseitigt werden. Es ist wohl bekannt, dass die Entwicklung und Umsetzung internationaler Abkommen der sozialen Sicherheit Zeit erfordert, und deshalb ist die Entscheidung der IVSS, Daten über solche internationale Abkommen zu sammeln, eine willkommene und notwendige Initiative.